Was hat Abfall eigentlich mit Klimaschutz zu tun? Jede Menge! Wer seinen Müll richtig trennt, sichert die Verwertung von Abfall und macht etwas für den Klimaschutz. Mit unseren sechs kostenlosen Unterrichtsmodulen wird Recycling erlebbar.
Abfallmanagement auf hoher See
Auf den größten Ozeanriesen verbringen tausende Menschen gleichzeitig ihren Urlaub. Und da, wo Menschen sind, entsteht Müll. Je nach Größe des Schiffes und Anzahl der Passagiere kommen durchschnittlich zwei bis vier Kilogramm Abfall pro Passagier pro Tag zustande. [1] Nach aktuellen Angaben beherbergen die weltweit größten Kreuzfahrtschiffe durchschnittlich 4.500 Passagiere. [2] Bei drei Kilogramm Abfall pro Passagier pro Tag wären das bei einer einwöchigen Kreuzfahrt umgerechnet ganze 94,5 Tonnen Abfall. Das wiederum entspricht rund acht vollgeladene Müllfahrzeuge. – Da haben wir uns gefragt: Was passiert mit all dem Müll auf hoher See? Wo wird es gelagert? Wo wird es entsorgt?
Inhaltsverzeichnis
Müllberge auf hoher See – ein kurzer Überblick
Müll entsteht, wo Menschen sind. Wir essen, trinken, kaufen, waschen, reinigen und müssen ab und wann auf die Toilette. All das verursacht unterschiedlichste Abfälle: Von Speiseresten, über Verpackungen aus Plastik, Papier, Glas und Metall hin zu Reinigungs- und Hygieneabfällen und Abwasser. Gerade im Urlaub verursachen wir eine Menge Müll. Urlaub bedeutet für die meisten Menschen eine Auszeit vom Alltag, von Pflichten – und leider auch von Abfallvermeidung.
Unsere Abfallwirtschaft in Deutschland sorgt dafür, dass unsere Abfälle im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft verwertet werden, um Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schützen. Dafür trennen wir unseren Müll sortenrein und entsorgen ihn in der richtigen Tonne. Die Müllabfuhr kommt und entsorgt den Müll. Aber wie funktioniert das auf hoher See? Wo landen Fäkalien und Abwasser? Was passiert mit all den Speiseresten vom Buffet und den Verpackungsmaterialien? Klar ist, Abfälle können nicht einfach im Meer entsorgt werden. Und das werden sie auch nicht – so viel vorab. Allerdings werden Kreuzfahrtschiffe auf ihre Probe gestellt, denn Abfallsammlung benötigt Raum und Entsorgungsmöglichkeiten müssen geschaffen werden. Kreuzfahrtschiffe müssen strenge internationale und lokale Vorschriften zur Abfallentsorgung erfüllen. Dem Umweltschutz zugute gibt es seit 1973 ein internationales Umweltschutzgesetzt namens MARPOL. In diesem wird unter anderem geregelt, wo und wie Abfälle auf internationalem Gewässer zu entsorgen bzw. nicht zu entsorgen sind. Natürlich wird das Abkommen immer wieder aktualisiert. So gilt seit 2013 weltweit die Regel, dass (bis auf definierte Ausnahmen) kein Müll von Schiffen ins Meer gelangen darf.

So funktioniert Abfallmanagement an Bord
Genau wie zuhause gilt auch für jede Person an Bord der Kreuzfahrtschiffe: Abfälle werden getrennt in der jeweiligen Tonne entsorgt. So werden auch auf den großen Kreuzfahrtschiffen Speisereste, Glas, Metall, Papier und Abwasser getrennt gesammelt. Aber was passiert dann mit dem Müll?
Die Abfälle werden nach Abfallsorte störstofffrei sortiert. Handelt es sich um recycelbare Abfälle oder umweltunschädliche Abfälle, werden diese in Müllpressen oder Schreddern in Kleinteile verarbeitet. Während Batterien und elektronische Geräte separat gesammelt und gelagert werden, werden Konservendosen, Papp- und Plastikverpackungen gepresst, Glas nach Farbe getrennt und zerkleinert, Papier geschreddert und Bioabfälle zerkleinert und getrocknet. Das passiert vor allem, um Stauraum zu sparen, denn die Abfälle müssen ja irgendwo auf dem Schiff eingelagert werden, um im Hafen fachgerecht entsorgt werden zu können. Das kann schnell zum Problem werden. Zum einen, weil der zur Verfügung stehende Raum auf einem Schiff begrenzt ist, zum anderen, weil nicht jeder Hafen für die Entsorgung der Abfälle angelaufen werden kann.
Für das Problem gibt es Lösungen: Tatsächlich ist die Technik heute so weit, dass Kläranlagen und sogar Müllverbrennungsanlagen direkt in die Schiffe integriert werden können. So sind beispielsweise die Kreuzfahrtschiffe von AIDA mit einem kompletten Entsorgungssystem ausgestattet – Die Stadtwerke sind einfach mit an Bord.

Abwasser ist nicht gleich Abwasser
Wenn wir darüber nachdenken, wie Abwasser entsteht, wird schnell klar: Abwasser ist nicht gleich Abwasser – und muss unterschiedlich behandelt werden. Das Stichwort lautet Kläranlagen und Wasserfiltration.
Auf der AIDA sorgen sogenannte Membrankläranlagen dafür, dass das anfallende Abwasser an Bord nahezu in Trinkwasserqualität aufbereitet werden kann. „Advanced Waste Water Systems (AWWTS)“ wird dieses System genannt. Weil der Reinheitsgrad des Wassers so hoch ist, kann es bedenkenlos ins Meer geführt werden.
Neben dem „normalem“ Abwasser fällt an Bord aber auch ölhaltiges Abwasser an. Dafür hat jedes AIDA Schiff Entölungsanlagen an Bord. Diese trennen anfallendes sogenanntes Bilgenwasser von möglichen Ölrückständen. Schon bei der Routenplanung wird berücksichtigt, dass dieses Abwasser in den Häfen an zertifizierte Entsorger abgeben werden kann.

Nachgefragt: Wie macht es AIDA?
Um einen echten Einblick in die Realität zu bekommen, haben wir Martina Reuter, Senior Manager Sustainability von AIDA Cruises, befragt. Sie hat uns berichtet, wie das Abfall- und Wertstoffmanagement auf den Kreuzfahrtschiffen von AIDA funktioniert.

„Reduzieren, aufbereiten, recyceln – das sind die Grundpfeiler“, betont Martina. Im Jahr 2024 lag die die durchschnittliche Abfallmenge auf den AIDA-Schiffen bei 1,6 Kilogramm pro Person pro Tag. Damit liegt die AIDA weit unter dem eingangs genannten Durchschnittswert für Kreuzfahrtschiffe (drei Kilogramm Abfall/Person/Tag). Dafür arbeitet auch dieses Kreuzfahrt-Unternehmen streng nach den internationalen MARPOL-Vorgaben, nationalen sowie regionalen Gesetzen und Übereinkommen (wie zum Beispiel die HELCOM-Regularien im Ostseeraum) und eigenen festgelegten Standards. So ist für die Crew ganz klar definiert, wie mit den unterschiedlichen Abfall- und Abwasserarten an Bord umzugehen ist. Martina verrät: „An Bord aller AIDA-Schiffe gibt es ein Recyclingcenter. Alle recycelfähigen Materialien werden an Bord getrennt, für das Recycling an Land vorbereitet und in den Häfen an zertifizierte Entsorgungsunternehmen abgegeben. Leider verfügen noch nicht alle Destinationen über entsprechende Möglichkeiten zur optimalen Wiederaufbereitung der von unseren Schiffen abgegebenen Wertstoffe. Deshalb planen wir die Wertstoffabgabe, wo immer möglich, in Häfen mit entsprechender Infrastruktur und arbeiten mit lokalen Akteuren gemeinsam an einer Zukunft der geschlossenen Kreislaufwirtschaft, wofür wir auch unser Know-how zur Verfügung stellen.“ Was Martina damit meint, ist, dass AIDA bestimmten Gesetzen und Vorschriften unterliegt auf welche Weise und an welchen Orten der Abfall entsorgt werden muss. Die MARPOL-Vorschriften regeln in diesem Zuge auch, dass Häfen, die das Abkommen unterzeichnet haben, den Müll von Bord entgegennehmen müssen. Was dann an Land mit diesem Müll passiert, hängt wiederum von der Abfallwirtschaft im jeweiligen Land ab.
Grundsätzlich gilt, Abfälle an Land können deponiert, verwertet oder aufbereitet werden. Die AIDA unterstützt den Recycling- und Wiederverwertungsgedanken. So wird beispielsweise ausgedientes Interior in anlaufenden Häfen an soziale Einrichtungen gespendet. Martina verrät uns außerdem von einem Projekt, durch welches Kaffeesatz recycelt wird: „Ein Beispiel hierfür ist unsere Kooperation mit der Firma CoffeeCycle, die so oft wie ihnen möglich im Hamburger Hafen Kaffeesatz von unseren AIDA-Schiffen abholt. Dieser wird dann zu Seife verarbeitet, die man unter anderem auch in den Shops an Bord unserer Schiffe und im AIDA-Online Shop erwerben kann.“

Abfallvermeidung bei AIDA
„Wo immer möglich, setzten wir auf Mehrweg“, erklärt Martina. „Im Vergleich zu 2018 konnten wir die Anzahl der Einwegplastikartikel bereits um fast 80 % reduzieren.“ Als Kreuzfahrt-Dienstleister kann AIDA nicht auf alle Einweg-Artikel verzichten, denn auch die hohen Hygienestandards sind wichtig und müssen eingehalten werden. Dafür hat sich die Reederei etwas einfallen lassen:
- Waschbare Sammelbeutel im Housekeeping
- Wiederverwendbare „Hygienecover“ statt Alu- und Plastikfolie in der Großküche
- Portionsschälchen oder Spender statt Lebensmittel wie Butter, Nutella und Honig in Portionsgrößen am Buffett
- Keine Müllbeutel auf den Kabinen
- Mikroplastik-freie Kosmetik und Reinigungsprodukte für Gäste und Crew
Auch die Lebensmittelverschwendung ist ein Problem-Thema, mit dem sich AIDA auseinandersetzt. Bei einem Tourismus-Dienstleister, wie es die Kreuzfahrt-Branche ist, entsteht hier schnell ein Konflikt zwischen Verschwendung und Entrainment oder Luxus. AIDA reagiert mit Maßnahmen, die die Lebensmittelverschwendung geringhalten sollen. Zero Waste ist auch hier das Ziel. So liefert die Hauptküche nur vorbereitete Speisen an die Restaurants aus, die nach Bedarf angefordert werden. Die Portionsgrößen am Buffet sind den Bedürfnissen der Gäste angepasst. An Liv-Cooking-Stationen werde Gerichte für die Gäste individuell zubereitet. Eine weitere Strategie der AIDA ist es, die Größe der Servierschalen zum Buffetende zu verkleinern – So bleibt die Vielfalt groß, ohne das am Ende zu viel entsorgt werden muss. Denn was einmal die Küche verlassen hat, darf aus hygienisch-gesundheitlichen Gründen nicht – wie zuhause – eingepackt und am nächsten Tag wieder aufgetischt werden.
Auch zum Thema Verpackungsmüll bei Lebensmitteln äußert sich Martina: „Unser Fokus liegt auf dem Einsatz von frischen und unverarbeiteten Lebensmitteln anstelle von Convenience-Produkten.“ – also Lebensmittel, die teilweise oder vollständig verarbeitet sind, wie Konserven, Nudeln oder abgepacktes Brot – „Dadurch vermeiden wir große Mengen Verpackungsmüll.“
Die Sensibilisierung der Gäste und der Crew ist nicht nur bei der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ein wichtiges Anliegen der AIDA. Mit bewusst platzierte Bordkommunikation durch Hinweisschilder und leicht einprägsamen Botschaften werden Themen rund um den Ressourcenschutz vermittelt. Sogenannte Umweltoffiziere stehen Gästen und Crew-Mitgliedern jederzeit für Fragen und Anliegen zur Verfügung.
Einblicke an Bord der AIDA
Saubere Kreuzfahrt – (k)eine Utopie?
Die Menge an Müll, die täglich auf Kreuzfahrtschiffen entsteht, ist enorm – doch sie bleibt nicht unbehandelt. Moderne Kreuzfahrtschiffe verfügen über ausgeklügelte Abfall- und Abwassersysteme, die Müll trennen, komprimieren, recyceln oder sogar direkt an Bord behandeln. Internationale Regelwerke wie MARPOL geben klare Grenzen vor. Dennoch bleibt die Herausforderung groß: Platzmangel, unzureichende Entsorgungsinfrastruktur in Häfen und die Verantwortung, auch Gäste aktiv mit einzubeziehen, erfordern ständige Weiterentwicklung.
Die Vision einer sauberen Kreuzfahrt – zumindest bezogen auf die Entstehung von Abfall – ist keine bloße Utopie. Sie ist bereits in Teilen Realität. Doch um sie flächendeckend Wirklichkeit werden zu lassen, braucht es ein Zusammenspiel aus Technik, Engagement, Infrastruktur, politischem Rahmen und nicht zuletzt dem Bewusstsein aller Beteiligten.