Die Toilette ist kein Mülleimer

21. April 2022 | Lesedauer 7 Minuten

Kopfkino bereithalten: Alles, was wir die Toiletten runterspülen, vermischt sich und vielen ist nicht klar, welche Folgen, nach der vermeintlich einfachen Entsorgung, oftmals dahinterstecken. Das Problem an der Sache ist, dass feste Materialien die Kanalisation verstopfen, chemische Stoffe gesundheitsschädlich sind und Ratten werden von Speiseresten angelockt. Die Reinigung des Abwassers in den Kläranlagen verursacht Jahr für Jahr immer höhere Kosten, die wir Verbraucherinnen und Verbraucher über den Wasserpreis und Steuern bezahlen.

Handelt es sich also ausschließlich um Wasser und Fäkalien, bleibt die Substanz eine Flüssigkeit. Sie ist übelriechend, aber wasserlöslich und gut fließend und mit Hilfe von Pumpen gut zu transportieren.

Besonders eindrucksvoll wird unsere Botschaft in einem von den Berliner Wasserbetriebenen produzierten Ohrwurm mit dem Titel „Only The Real Shit“. Inhaltlich geht es dabei um all den Müll, der in den Toiletten landet und die Kanalisation verstopft. Die singenden Toiletten machen Laune und kommunizieren die Botschaft auf besondere Art und Weise. Daumen hoch.

Aber, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, muss man erst einmal verstehen, wie unser Abwasser geklärt wird.

So funktioniert die Abwasseraufbereitung

Mit einer Toilettenspülung (1) befördern wir Kot, Urin und leider auch viele Dinge, die nicht in die Toilette gehören, in die Abflussrohre (2), die über Kanalisation zur Kläranlage (3) führen.

Die Reinigung unserer Abwässer erfolgt hier in drei Schritten:

Die erste Reinigungsstufe erfolgt in Vorklärbecken (4) mechanisch mit einem Rechen. Hier werden neben den groben Schmutzteilen und den im Wasser schwebenden Erd- und Sandteilchen auch Öle und Fette entfernt werden.

Die zweite Reinigungsstufe ist biologischen und findet im sogenannten Belebungsbecken (5) statt. Das Wasser wird mithilfe verschiedener Mikroorganismen, wie Bakterien, Pilze, Rädertierchen gereinigt. Das funktioniert, weil die Mikroorganismen im Abwasser lösliche organische Verbindungen abbauen.

In den meisten Kläranlagen gibt es eine dritte Reinigungsstufe im sogenannten Nachklärbecken (6). Hier können neben Phosphat und Stickstoff noch weitere Stoffe aus dem Abwasser entfernt werden.

Anschließend wird das weitestgehend von Schmutz- und Schadstoffen gereinigte Wasser wieder einem See oder Fluss zugeführt. Der bei der Reinigung entstandene Klärschlamm wird zum Teil in der Landwirtschaft als Dünger verwendet oder zur Energiegewinnung genutzt.

Wenn jetzt aber feste Abfälle, bestehend aus Feuchttüchern, Windeln, Wattestäbchen, Haaren und Co., in unsere Kanalisation und Klärungsanlagen gelangen, verstopfen diese die Pumpen und geraten somit außer Betrieb. Lahmgelegte Kanalisationssysteme sind teuer und finden sich auf unserem (Klo-)Deckel in Form von Abwassergebühren wieder. Somit hat sich das mit der einfachen Entsorgung dann auch beim Verbraucher erledigt.

Doch nicht nur feste Stoffe in der Abwasserbehandlung stellen ein Problem da. Auch Chemikalien wie Medikamente, Reinigungsmittel, Nagellackentferner, Farben oder Pflanzenschutzmittel, bereiten Probleme. Gelangen sie ins Abwasser, können sie in einer Standardkläranlage nicht komplett entfernt werden. Bedeutet, diese Inhaltsstoffe landen wieder in der Natur und über kurz oder lang im Trinkwasserkreislauf – mit bisher ungeklärten Folgen. Na, dann Prost!

Was darf also rein? Und was nicht?

Nur menschliche Hinterlassenschaften gehören ins WC – eigentlich total easy. Wie es der Titel sagt, gehören Abfälle nicht in die Toilette. Hygieneartikel werden in einem kleinen Mülleimer fürs Bad neben der Toilette gesammelt und landen später in der Restmülltonne und werden thermisch verwertet. Essensreste sind ein klarer Fall für die Biotonne. In der Toilette verstopfen gerade Essensreste die Kanalisation und locken zudem Ungeziefer an. Das gilt auch für alle anderen Abfallsorten. Katzenstreu, Medikamente – all das gehört nicht in die Toilette.

Die häufigsten Missbrauchsfälle der Toilette

Missbrauchsfall 1: Fette, Marinaden und Suppen

Speisefett rinnt wunderbar den Abfluss runter, auch Marinaden – mit oder ohne Salat – verschwinden für uns Menschen einwandfrei in der Toilette; gleiches gilt für Suppenreste. Doch was darauf im Abflussrohr passiert, ist alles andere als gut: das Fett erkaltet, wird entweder hart oder zähflüssig.
Wer schon einmal noch flüssiges Fonduefett weggekippt hat, weiß wann die Party zu Ende war. Das erkaltete Fett verstopft direkt das Abflussrohr eurer Toilette oder Küchenspüle.

Fazit:
Flüssigkeiten, Öle oder Fette könnt ihr mit reichlich Küchenkrepp oder Zeitungspapier aufsaugen. So bleibt die Biotonne sauber und der Abfluss frei.

Missbrauchsfall 2: Feste Speisereste

Noch schwieriger sind echte Speisereste, also Bioabfälle. Gerade gekochte Essensreste sind ideale Nahrungsquelle für Schädlinge. Die Ratten ziehen in der Folge in den leitungen ein und ziehen nur mit Hilfe eines echten Schädlingsbekämpfers wieder aus.

Fazit:
Ob gekocht oder nicht: Speisereste, Schälreste und andere organische Abfälle gehören in die Biotonne. Landen Essensreste in der Biotonne können sie optimal verwertet werden und werden zu Biokompost und Bioenergie.

Missbrauchsfall 3: Hygieneartikel und feuchtes Toilettenpapier

Während herkömmliches Toilettenpapier darauf ausgelegt ist, im Wasser schnell zu zerfasern, sind Küchenrollenpapiere und Taschentücher im nassen Zustand deutlich fester und überstehen teilweise sogar einen Waschgang in der Waschmaschine. Feucht-, Baby-, und Desinfektionstücher, sowie Wattestäbchen, Zahnseide, Kondome, Damenbinden, Tampons oder Inkontinenzartikel und feuchte Toilettenpapiere hingegen sind allesamt wasserunlöslich und können deshalb Kanäle – gerne auch ganze Hausanschlussleitungen – verstopfen und Abwasserpumpen zum Stillstand bringen.

Fazit:
Gebrauchte Hygieneartikel gehören in den Restmüll. Auch feuchtes Toilettenpapier ist kein Fall für die Toilette.

Missbrauchsfall 4: Alte Medikamente

Alte Tabletten, abgelaufene Schmerzsalben oder nicht mehr benötigter Hustensaft: All das gehört nicht in die Toilette. Über das Abwasser gelangen Arzneimittelrückstände womöglich in die Gewässer und belasten dort Pflanzen und Tiere. Im Klärwerk werden die pharmazeutischen Wirkstoffe nicht abgebaut. Wer Arzneimittel ins Klo wirft, verabreicht uns allen über den Wasserkreislauf / die Nahrungskette Wirkstoffe, die wir freiwillig nicht einnehmen würden. Fazit:
Alte Arzneimittel sind ein Fall für die Restmülltonne. Durch die Verbrennung werden die Arzneiwirkstoffe zerstört oder inaktiviert und können nicht mehr in unsere Umwelt gelangen.

Nicht überall Zugang zu sanitären Anlagen

Für uns Deutsche schwer vorstellbar, aber nicht überall auf der Welt sind sanitäre Anlagen verfügbar. Sechs von zehn Menschen haben laut eines Unesco-Berichts zufolge keinen Zugang zu sicheren Sanitäranlagen. Das sind 4,3 Milliarden Menschen weltweit. Jeder Neunte verrichte seine Notdurft im Freien.

Wir haben uns die Frage gestellt, seit wann es überhaupt Toiletten gibt?

Die Geschichte des stillen Örtchens

Erste sogenannte „Abortanlagen“ – das bedeutet eine Vorform der Toilette als mit Wasserspülung –   gab es bereits um 2800 v. Chr. Auch die römische Kultur kannte WCs, Latrinen, bei denen die Fäkalien hygienischer mit fließendem Wasser entfernt wurden, insbesondere in öffentlichen Anlagen, Häusern der Reichen und in Landhäusern von Großgrundbesitzern.

In den Städten des Altertums mündeten die Abflüsse in die großen Abwasserkanäle, die sogenannten Kloaken. Die bekannteste war die Cloaca Maxima in Rom. Diese Technologie ging, wie vieles andere, mit dem Ende des Römischen Reiches verloren.

Im Mittelalter gab es in isoliert stehenden Burgen oder Klöstern, Toiletten in Form von Nischen und Erkern (Aborterker), die oft einfach ins Freie führten. Im städtischen Bereich wurden Toiletten in der Regel als Sickergruben angelegt.

Im Jahr 1596 erfand Sir John Harington das erste Wasserklosett der Neuzeit. Seine Erfindung geriet aber wieder in Vergessenheit. In Deutschland verbreiteten sich Toiletten mit Wasserspülung gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Städten, als Wasseranschlüsse in den Häusern und vor allem die Kanalisation üblich wurden. Auf dem Land blieben dagegen oft noch bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg Plumpsklos üblich.

So klappt es mit der Toilette und dem Recycling

Eine funktionierende, saubere Toilette ist etwas Gutes. Wir haben euch weitere Missbrauchsfälle zusammengestellt und zeigen euch den richtigen Entsorgungsweg. Trennt und sortiert eure Abfälle. Nur so funktionieren das Recycling und euer Beitrag für unsere Zukunft.

Denkt dran:
Trennen rockt und die Toilette ist kein Mülleimer.

Was?Warum?Wohin?
Essensreste;
Reste von Getränken
ideale Nahrungsquelle für
Schädlinge und führen zum
Rattenbefall; führen zu
unangenehmen Gerüchen
In die Biotonne
Brat- und Frittierfett,
Speiseöle,
Salatdressing
ideale Nahrungsquelle für
Schädlinge und führen zum
Rattenbefall; verstopfen
Kanäle und legen Abwasser-
pumpen lahm
Mit einem Küchentuch
aufsaugen und dann
in die Biotonne
Feuchttücher,
Taschentücher und
Desinfektionstücher,
Tampons, Windeln
Wattestäbchen,
Einlagen, Kondome,
Zahnseide, Rasierklingen
Verstopfen Kanäle und
legen Abwasserpumpen lahm
In die Restabfalltonne
ZigarettenkippenVerstopfen Kanäle und legen
Abwasserpumpen lahm;
vergiften Abwasser und
Umwelt
In die Restabfalltonne
Katzenstreu, Vogelsand, Asche, Socken
Wischtücher, Korken, Bierdeckel, Haare,
(Einweg)Unterwäsche, Strumpfhosen
Verstopfen Kanäle und legen
Abwasserpumpen lahm
In die Restabfalltonne;
Korken sammeln einige
Entsorger getrennt, fragt
in eurer Region nach.
WC-Steine und
Zusätze für
Wasserkästen
Belasten das Abwasser und
erschweren dessen Reinigung
Sollten NICHT verwendet werden
Chlorhaltige RohrreinigerZerstören Kanäle und
Dichtungen;
vergiften Abwasser und
Umwelt
Lieber auf mechanische
Hilfsmittel setzen, wie
Saugglocke („Pömpel“),
Reinigungsspirale und
Klobürste.
Chlorhaltige SanitärreinigerZerstören Kanäle und
Dichtungen; vergiften
Abwasser und Umwelt
Besser zu altbewerten
Hausmitteln wie Essigreiniger
oder Zitronensäure greifen.
Medikamente (fest und flüssig)Vergiften Abwasser und
Umwelt; sind größtenteils
NICHT in der Kläranlage
abbaubar
In die Restabfalltonne
(Nachfrage beim
zuständigen Entsorger
notwendig!); alternativ am
Schadstoffmobil oder der
Schadstoffannahme auf den
Recyclinghöfen abgeben;
einige Apotheken nehmen
freiwillig Altmedikamente an,
sind dazu jedoch nicht
verpflichtet.
Flüssige Gefahrstoffe
(Säuren, Laugen,
Desinfektionsmittel,
Farben, Lacke,
Verdünner,
Nagellackentferner etc.)
Vergiften Abwasser und Umwelt; sind größtenteils NICHT in der Kläranlage abbaubarSchadstoffmobil oder der Schadstoffannahme auf den Recyclinghöfen
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