Kein Grad weiter – was wir im Alltag tun können

15. Februar 2022 | Lesedauer 8 Minuten

Uns ist klar, dass die Klimakrise eine existenzielle Bedrohung darstellt. Es geht aber nicht nur darum, das zu erkennen, sondern auch entsprechend zu handeln. Verändern wir Menschen nicht genau jetzt unsere politischen, wirtschaftlichen und persönlichen Entscheidungen, werden nachfolgende Generationen keine Freude auf unserem Planeten Erde haben. Schon heute leben an vielen Orten der Erde Menschen mit Ernteausfällen durch Trockenheit, massive Überschwemmungen, Waldbrände und Wirbelstürmen.

Seit den Sturzfluten im Juni 2021 wissen wir, dass die Klimakatastrophe kein Zukunftsszenario ist. Die Flut wurde zum Sinnbild für Klimakatastrophen in Deutschland und in den USA sorgte Hurrikan „Ida“ für extreme Unwetter.

Klimaschutz beginnt bei uns – bei jedem Einzelnen. Korrekte Mülltrennung und ein umsichtiger Lebensstil nach dem Motto „Weniger ist mehr!“ sind ein Schlüssel zum Erfolg.

Braucht jeder von uns wirklich zehn Jeanshosen im Schrank, muss es der Kaffee aus der Nespresso-Kapselmaschine sein oder der in Plastik verpackte Salat aus dem Supermarkt zum Mittagessen? Wer zum Klimaheld oder zur Klimaheldin werden möchte, sollte Druck auf die Politik ausüben und selbst den eigenen Alltag und Konsum anpassen. Bereits durch Anpassungen der alltäglichen Rituale können wir unseren CO2-Fußabdruck maßgeblich reduzieren.

Wir blicken auf einen Tag:

Kaffee, Duschen, Arbeitsweg

Das Aufstehen

Für viele beginnt der Tag mit dem Gang zur Kaffeemaschine. Ohne Kaffee sind viele von uns nicht fähig in den Tag zu starten, doch Kaffee ist eine CO2-Schleuder. Bei einer normalen Tasse Kaffee werden durchschnittlich für Anbau und Transport 74,9 Gramm CO2 ausgestoßen. Bei drei Tassen täglich kommen so pro Jahr über 82 Kilo zusammen. Ungeduldige Kaffeetrinker tragen dazu bei, dass mit Kaffeekapseln 8.000 Tonnen Verpackungsmaterial in Deutschland anfallen. Natürlich ist das immer noch besser als ein Coffee-to-go, der ebenfalls unnötigen Verpackungsmüll verursacht. Laut Verbraucherzentrale entstehen durch Coffee-to-go-Becher allein in Deutschland jährlich rund 55.000 Tonnen Abfall. Für manche reicht zum wach werden zum Glück auch eine kalte Dusche. Damit sind wir schon beim nächsten Schritt der morgendlichen Routine.

Die Dusche am Morgen

Wir Deutsche sind Warmduscher – und zwar lange. Nach fünf Minuten sind bereits 60 Liter warmes Wasser verbraucht. Wer den Wasserverbrauch reduzieren möchte, aber die Duschzeit nicht verkürzen mag, sollte zu einem Sparduschkopf greifen. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel. Wer anschließend nicht für weitere 60 Gramm CO2 verantwortlich sein möchte, sollte die Haare an der Luft trocknen lassen und auf das Föhnen verzichten.

Das Anziehen

Jetzt noch schnell ein Outfit rausgesucht und ab zur Arbeit, zur Uni oder zur Schule. Klimaheld*innen tragen definitiv keine Fast-Fashion, sondern nachhaltig und fair hergestellte Mode. Mit ca. 1,2 Milliarden Tonnen CO2 produziert die Modeindustrie mehr Emissionen als die Luft- und Schifffahrtsbranche (Quelle: Ellen MacArthur Foundation). Jetzt schnell in die sauber und fair produzierte Kleidung geschlüpft und mit dem Fahrrad ab zur Arbeit!

Mit dem Drahtesel zur Arbeit

Laut Umweltbundesamt sparen wir mit dem Fahrrad 138 Gramm CO2 pro Kilometer. Natürlich sind öffentliche Verkehrsmittel und Fahrgemeinschaften ebenfalls eine Alternative, aber was ist schon gegen den Frische-Kick und die Bewegung am Morgen einzuwenden? Das macht einen fehlenden Kaffee auch wieder wett.

Im Büro

E-Mails checken

Auch im Büro gibt es die eine oder andere Option zur Reduktion deines CO2-Austoßes. Vom E-mailprogram über die Googlesuche bis hin zu Mittagessen – so kannst du etwas verändern:

Das kennt jede*r von uns. Als Erstes wird am Morgen der Posteingang gecheckt. Doch auch das stößt CO2 aus. Digitales verbraucht Energie durch Rechenzentren oder Endgeräte, mit denen E-Mails verschickt und empfangen werden. Da fällt im digitalen Zeitalter eine Menge an. Nur durch das Verschicken von E-Mails entstehen in Deutschland pro Person jährlich ca. 276 kg CO2. Aber wie steht es um die Klimabilanz einer E-Mail im Vergleich zum Brief? Im Gegensatz zu Briefen verbrauchen E-Mails weder Papier noch Tinte und müssen auch nicht per Auto oder Flugzeug transportiert werden. Das wirkt auf den ersten Blick wie eine nachhaltige Alternative zum Briefversand. Für den Versand benötigen wir aber wieder Stromfressende Endgeräte und Serverkapazitäten.

Wer nicht jede einzelne Info an Kollegen in einer neuen E-Mail verschickt, die Datengröße seiner Anhänge klein hält – und nicht jede Nachricht von unterwegs beantwortet – der nutzt das volle Potenzial der E-Mail und hilft gleichzeitig, die Klimabilanz seiner Kommunikation zu verbessern. Im eigenen Büro tun wir etwas Gutes, wenn wir alle einfach darauf verzichten alle Dinge mit dem Kollegen via Emails zu klären. Der Gang ins Nachbarbüro ist deutlich klimafreundlicher und besser für das Miteinander.

Zum Thema Serverlast fällt uns die weltgrößte Suchmaschine ein: Auch eine Suchanfrage bei Google hat einen CO2 Ausstoß von 0,2 Gramm. Bei insgesamt 3,8 Millionen Suchanfragen pro Minute fängt man an zu überlegen, ob man die Suchmaschine in einigen Fällen wirklich braucht. Doch wenn Recherchearbeiten wichtig sind, gibt es umweltschonendere Alternativen: auf www.ecosia.org/ wird nach jeder 45. Suchanfrage ein Baum gepflanzt. Insgesamt 100 Millionen gepflanzte Bäume sind so bereits zusammengekommen.

Mittagszeit

Wer viel arbeitet, muss auch Pause machen. Die Wahl des Pausensnacks hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Klimasituation. Allein bei der Produktion von einem Kilo Rindfleisch wird genauso viel CO2 ausgestoßen, wie auf einer 100 km langen Autofahrt. Ein Fleischersatz-Produkt aus Tofu hingegen stößt 15-mal weniger CO2 aus. Hier heißt es also: Nicht mehr ran an den Speck!

Auch die leider viel zu beliebten fertigen und in Plastik verhüllten Salate werden zu häufig von uns gekauft. Viel schöner wäre es, sich am Vortag oder am Morgen selbst einen frischen Salat zuzubereiten und in einer Frischhaltedose zur Arbeit mitzubringen. Das erntet auch neidische Blicke der Kolleg*innen, weil selbstgemacht immer noch am besten ist.

Zu einer ausgewogenen Mittagspause darf das Getränk nicht fehlen. Trinkwasser ist das in Deutschland am strengsten kontrollierte Lebensmittel. Füllst du dir Leitungswasser in ein Glas oder in eine wiederverwendbare Glasflasche, spart das nicht nur CO2, sondern auch eine Menge Geld. Denn wer 2,5 Liter pro Tag trinkt, gibt in einem gesamten Jahr durchschnittlich 1,82 € für Getränke aus. Wer dann noch auf die Plastikflasche verzichtet, trägt dazu bei, dass nicht mehr 450.000 Tonnen Müll an Plastikflaschen in Deutschland produziert werden. Na, wenn das mal kein Anreiz ist, Leitungswasser zu trinken. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch gut für dein Portemonnaie.

Feierabend

Nach dem Feierabend warten der Einkauf und die Pflichten im eigenen Haushalt. Auf dem Wochenmarkt gibt es Lebensmittel größtenteils klimaneutral. Regionale Produkte bestimmen das Angebot. Was aber nicht vergessen werden darf: Regionale Früchte sind nicht immer besser. Je länger ein deutscher Apfel gekühlt wird, umso schlechter ist seine Klimabilanz. Die Saison für Äpfel ist im Herbst, somit ist im Frühjahr der CO2-Verbrauch für einen deutschen Apfel genauso hoch, wie zum Beispiel bei einem neuseeländischen Apfel. Da hilft es, sich vorab zu erkundigen, welche Obst- und Gemüsesorten Saison haben.

Aber auch bei einem Einkauf im Supermarkt kannst du auf unnötige Verpackungen, wie Obst- und Gemüsetüten verzichten und der Umwelt so einen Gefallen tun. In Deutschland wurden 2019 insgesamt 3,65 Milliarden der vom Plastiktüten-Verbot ausgenommenen sehr dünnen Obst- und Gemüsetüten verbraucht. Eine einfache Lösung, um dieses Problem zu beheben, sind wiederverwendbare Obst- und Gemüsenetze. Doch auch andere Lebensmittel und Kosmetikartikel sind mit Plastik umhüllt. Laut Umweltbundesamt fielen 2018 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall in Deutschland an. Das sind 227 Kilogramm jährlich pro Person.

Zu den Pflichten im Haushalt

Kaum zu Hause angekommen und die Einkäufe ausgeräumt, springt uns oft direkt der Wäscheberg entgegen. Prinzipiell ist es sehr gut, wenn sich ein wenig dreckige Wäsche angehäuft hat. Denn ganze 12 Prozent unseres privaten Wasserverbrauchs wird durch die Waschmaschine verursacht. Deshalb lautet die Devise: Trommel voll machen! Bei einem Waschvorgang mit 60°C werden 750 Gramm CO2 ausgestoßen, bei einem Waschgang mit 30 °C hingegen nur 240 Gramm. Die Temperatur in Höhe von 30°C reicht in den meisten Fällen völlig aus. Versuche also immer mit niedrigen Wassertemperaturen zu waschen. Sollte deine Kleidung gar nicht verschmutzt sein und nur etwas riechen, reicht das Auslüften der Kleidung an der frischen Luft. So hast du länger etwas von deinen Lieblingsteilen und sparst Wasser und Energie. Es reicht nämlich schon, dass allein bei der Herstellung einer Jeans 8.000 Liter Wasser benötigt werden.

Wer die nasse Wäsche anschließend in den Trockner befördert, verursacht nochmal 2150 Gramm CO2. Hier verhält es sich ähnlich wie mit den Haaren. Lass die Wäsche einfach an der Luft trocknen, diesen Service gibt es gratis. 

Klimafreundliches Abendprogramm

Der Tag neigt sich dem Ende zu und in vielen Haushalten stellt sich die Frage: „Welche Serie oder welchen Film lasse ich laufen, während ich hauptsächlich auf mein Smartphone starre?“

Das Smartphone fungiert als sogenannter Second Screen und das Entertainmentprogramm kommt von allen Seiten. Während in Deutschland 65 Millionen Smartphones genutzt werden, liegen leider ganze 200 Millionen funktionsfähige und noch gute Geräte ungenutzt in unseren Schubladen. Würden wir diese verschenken, weiterverkaufen oder spenden, könnte uns das pro Gerät 48 Gramm CO2 und wertvolle Ressourcen sparen. In den 200 Millionen Smartphones schlummern ganze 50 Tonnen Silber, 4,8 Tonnen Gold und 1,8 Tonnen Palladium – und diese Menge liegt einfach so in deutschen Schubladen.

Zurück zur Frage: „Welche Serie schaue ich heute?“

Die Entscheidung fällt auf die neueste Netflix-Serie. Unfassbar, aber wahr: Streaming-Dienste, wie Netflix und Amazon Prime, stießen 2018 gut 300 Millionen Tonnen CO2 aus – Tendenz steigend. So viel produziert das gesamte Land Spanien in einem Jahr. Ob es jemals eine Netflix oder Amazon Prime Produktion über dieses Thema geben wird? Wohl kaum. Es gibt zwei wundervolle Alternativen zum Streaming: Das klassische Buch zum Beispiel. Damit ist nicht das elektronische, sondern ein richtiges Buch aus Papier zum Blättern gemeint. Hier wird bei der Produktion auch ca. ein Kilogramm CO2 ausgestoßen. Aber Bücher lassen sich durchschnittlich zwölf Jahre weiterverwenden und energiefrei lesen, tauschen und lagern.

Wer die Möglichkeit hat, sollte sich den Partner oder die Partnerin oder das geliebte Haustier zum Kuscheln schnappen. Dabei kann die Heizung auch wunderbar herunter gedreht werden. Generell sind zur Schlafenszeit 17 °C die perfekte Raum-Temperatur. Beim Thema Heizen gibt es ein riesiges Energie-, und damit CO2-Einsparpotential. Dieses Thema verdient aber einen eigenen Beitrag. Wir halten fest: Kuscheln statt Streamen ist gut für das Klima und auch sonst können wir in unserem Alltag eine Menge tun – für das Klima.

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