Plastikverschmutzung im Meer nimmt immer weiter zu

17. März 2022 | Lesedauer 6 Minuten

Plastik ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite ist es ein erstaunliches Material – es ist stabil, wasserfest und haltbar. Wir bauen damit Flugzeuge, medizinische Geräte und Elektroautos. Die Eigenschaften, die bei diesen Produktionen so wichtig sind, machen es gleichzeitig schwierig, das Plastik wieder loszuwerden. Immer wenn es in die Umwelt gelangt, verursacht es ein Problem. Seit Jahrzehnten werden unsere Meere mit Plastik verunreinigt.

Forscher des Alfred-Wegener-Instituts haben in Zusammenarbeit mit dem WWF (World Wide Fund for Nature) insgesamt 2592 Studien von den Sechzigerjahren an bis 2019 genau unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist schockierend: die Plastikverschmutzung der Ozeane hat in den letzten Jahren einen exponentiellen Anstieg verzeichnet. In 30 Jahren soll sich der Mikroplastikgehalt im Meer mehr als verdoppeln – auch wenn kein weiteres Plastik in die Meere gelangt. Einmal ins Meer gelangtes Plastik findet in den meisten Fällen keinen Weg mehr hinaus: Es zersetzt sich erst in Mikro- und anschließend in Nanoplastik, welches unmöglich aus Gewässern und Böden zu entfernen ist.

Die Folgen sind verheerend: Bei 90 Prozent der untersuchten Meeresarten wurden bereits Auswirkungen festgestellt. Meerestiere wie Robben und Schildkröten verfangen sich im Plastikmüll und ersticken daran, Vögel bauen daraus Nester für ihre Jungen und Raubfische halten das Plastik fälschlicherweise für ihre Beute und fressen es. Auch Schildkröten verzehren den Plastikmüll, was zu Verstopfungen, inneren Verletzungen und Beeinträchtigungen in der Fortpflanzung führt. Der Meeresboden vor der indonesischen Insel Java ist mittlerweile zur Hälfte mit Plastik bedeckt. Das hat zur Folge, dass Korallen und Schwämme zu wenig Sauerstoff und Licht bekommen und sterben.

Laut der Studie befinden sich mittlerweile 86 bis 150 Mio. Tonnen Kunststoff im Ozean. Das entspricht dem Gewicht von etwa 25 Mio. ausgewachsenen Elefanten, wenn man von einem Höchstgewicht von 6 Tonnen ausgeht. Insgesamt 60 bis 95 Prozent dieser Verschmutzung besteht aus Einwegplastik. Das sind Zahlen, die schockieren. Deshalb hat die EU eine „Plastikstrategie“ entworfen und ist aktiv geworden. 2020 wurde das Verbot von Einwegplastik wie Teller, Besteck und Wattestäbchen eingeführt und Anfang 2022 endlich das Verbot von Plastiktüten.

Unser Fazit: Die eingeführten Verbote sind ein guter Anfang, jedoch kommen sie zu spät. Sie allein können die dramatische Zukunftsaussicht der Ozeane nicht verbessern.

Erschreckende Zahlen: So steht es um die Meere

  • Jedes Jahr gelangen 12,2 Mio. Tonnen Plastikteile in unsere Ozeane
  • Aktuell befinden sich rund 5,25 Mrd. Plastikpartikel in den Ozeanen, was dem Gewicht von 1345 Blauwalen und der 500-fachen Menge der Sterne unserer Galaxie entspricht
  • Der so genannte „Great Pacific Garbage Patch“ (dt. „der große Pazifische Müllteppich“) umfasst mittlerweile eine Größe von 1.600.000 km², das kommt dreimal der Größe Frankreichs und sogar dem Fünffachen der Größe Deutschlands gleich. Er reicht von der Westküste Nordamerikas bis nach Japan.
  • 1 Mio. Meerestiere sterben jährlich an Plastik – sie verheddern und strangulieren sich, leiden unter Verstopfungen und inneren Verletzungen
  • Bereits 90 % der Seevögel hat mittlerweile Plastik im Magen

Unser Tipp für euch:

Beyond Surfing ist ein unabhängiges Outdoor- & Wassersport-Magazin, das sich auch dem Thema Umwelt widmet. Das Magazin hat über 171+ Statistiken und Trends zum Thema Ozeanverschmutzung ausgewertet. Der Beitrag wird fortlaufend aktualisiert und ist immer einen Besuch wert.

Wie gelangt das Plastik ins Meer?

Plastik gelangt über viele verschiedenen Wege ins Meer. Insgesamt zwei Drittel der Abfälle werden aus dem Landesinneren oder von Stränden durch Wind, Regen und Flussläufen bis in die Meere getragen. Stürme oder starke Regenfälle haben oftmals zur Folge, dass der Wasserspiegel in Flüssen ansteigt und auch die an Land befindlichen Abfälle mit ins Wasser reißt. Die Flussläufe transportieren diese Lebensmittelverpackungen, Dosen und Zigarettenstummel dann kilometerweit, ehe sie schlussendlich ins Meer gelangen. Doch auch der im Abfluss runtergespülte Abfall wird von vielen unterschätzt. Es zersetzt sich in kleinere Teile, die so klein sind, dass sie selbst während des Filtervorgangs im Klärwerk nicht herausgefiltert werden können und somit als Mikroplastik-Partikel in die Meere gelangen.
 
Der Rest gelangt durch illegale Ablagerungen, schlecht verwaltete Mülldeponien in Küstennähe und durch Industrien in unsere Ozeane. Auch ins Ausland, zum Beispiel nach Asien und Afrika, exportierter Müll ist ein Teil des Problems, da in diesen Ländern die erforderliche Recyclingstruktur fehlt. Ganze 18 Milliarden Pfund Plastik fließen jährlich allein durch die Küstenregionen ins Meer. Weitere interessante Fakten zu diesem Thema gibt es in unserem Blogbeitrag „Plastik in Zahlen – Interessante Zahlen aus unserer Welt voller Kunststoffe“

Zu den häufigsten Kunststoffabfällen im Meer gehören:

  1. Zigarettenfilter
  2. Netze, Seile, Leinen
  3. Lebensmittelverpackungen
  4. Flaschenverschlüsse
  5. Geschirr
  6. Plastikflaschen
  7. Plastiktragetaschen

Mikroplastik ist überall

Die Eigenschaften Stabilität, Wasserfestigkeit und Haltbarkeit machen es so schwierig, Plastik wieder loszuwerden. Immer wenn Plastik in die Umwelt gelangt, entsteht ein Problem – denn dort bleibt es für immer.

Es zersetzt sich nicht, sondern zerfällt in immer kleinere Teile. Wenn diese kleiner als 5 mm sind, nennt man sie Mikroplastik. Auch wir Menschen nehmen nachweislich Mikroplastik über Nahrungsmittel wie Meeresfrüchte, Meersalz und Mineralwasser auf. Zugleich atmen wir Mikroplastik ein, das in Stäuben vor allem in Städten durch die Luft schwebt. Die Mikroplastik-Belastung durch Hausstaub scheint laut Angaben des WWF größer zu sein als durch den Verzehr von Muscheln. Die Folgen für die menschliche Gesundheit sind noch unklar. Fest steht, dass wir jährlich etwa 250 Gramm Plastik mit der Nahrung aufnehmen- das entspricht einem ganzen vollen Teller. Diese Info schmeckt uns gar nicht.

Die Hauptursachen für Mikroplastik:

  • Abrieb von Autoreifen
  • Abfallentsorgung
  • Asphaltabrieb
  • Textilfaserabrieb (z.B. Kleidung)
  • Abwasser aus Waschmaschine (Faserabrieb beim Schleudern)
  • Abwasser vom Waschbecken (Mikroplastik von Zahnbürsten & -borsten, Kosmetik,…)
  • Plastik im Biomüll und in der Folge Mikroplastik in Böden

Die Verschmutzung von Böden durch Mikroplastik ist sogar 4-23 Mal so hoch wie im Meer. Die Ursache entsteht oft bei uns Zuhause: beim Waschen lösen sich winzige Partikel aus Textilien und gelangen ins Abwasser, genau wie das Mikroplastik aus unseren Zahnbürstenborsten, unserer Kosmetik und vielem mehr. Das landet zwar in der Kläranlage zum Filtern – jedoch sind diese Filter oftmals nicht fein genug, um das Mikroplastik herauszufiltern. So landet der übrig gebliebene Klärschlamm aufgrund seiner wertvollen Mineralien mitsamt dem Mikroplastik auf unseren Feldern und somit letztendlich auf unseren Tellern.

Hunger von Bakterien auf PET weckt Hoffnung

Die Rede ist von Mikroorganismen, welche Kunststoffe in ihre Molekülbestandteile zerlegen und verstoffwechseln können. Forschende versuchen sich diese Eigenschaft zunutze zu machen. Ziel ist, die Besonderheit dieser Bakterien im industriellen Maßstab zu nutzen. Zum Beispiel auf speziellen Deponien zum Abbauen von Kunststoff. Eine Prototypanlage wird aktuell in Frankreich aufgebaut. Bis zur endgültigen Umsetzung wird es allerdings noch dauern. Die Bakterien benötigen – laut aktuellem Kenntnisstand – noch über ein Jahr, um den Kunststoff vollständig zu zersetzen. Darüber hinaus könnten sie aber dafür eingesetzt werden, bereits in der Umwelt befindlichen Kunststoff zu entfernen. Damit dieser Plan bestmöglich umgesetzt werden kann, muss das Plastik allerdings auf den Mülldeponien landen – und nicht im Meer!

Plastik sollte uns interessieren

Bereits in unserer Kindheit war Plastik ein Symbol für Fortschritt und Modernität. In einem Popsong der Band „Aqua“ hieß es sogar „…back in plastic, it’s fantastic.“. Plastik war das Material der Stunde. Schüsseln aus Porzellan oder Keramik wurden gegen Plastik getauscht. Eine Ära begann, bei denen sich Frauen an Abenden trafen, um Produkte eines weltweit bekannten Konzerns mit dem Anfangsbuchstaben „T“ vorgestellt zu bekommen und zu kaufen. Heute liegen in zahlreichen Haushalten zig Plastikdosen in Schubladen und werden nicht mehr verwendet.

In den 90er Jahren lag der frisch zubereitete Salat noch in einer Plastikschüssel. Heute liegt er glücklicherweise wieder in einer Keramik- oder Glasschüssel. Plastikabfall und die Vermüllung unserer Meere bedeutet für Mensch, Tier, Klima, und Natur eine Gefahr und ist für uns eine der größten Herausforderungen. Denn selbst wenn wir die weltweite Plastikproduktion jetzt stoppen würden, würde sich der Plastikmüllanteil in den Meeren bis in 30 Jahren mehr als verdoppelt haben. Es muss also eher heißen „Away with the plastic!“.

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