Recyclingpapier: So funktioniert die Verwertung von Altpapier

23. Februar 2023 | Lesedauer 5 Minuten

Die Verwendung von Recyclingpapier ist ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung. Weniger CO2, weniger Wasser, weniger Energie, weniger Rodungen. Wir haben die Firma Steinbeis Papier besucht und zeigen, wie aus dem Inhalt deiner Altpapiertonne neues Papier entsteht.

Recyclingpapier ist gut für‘s Klima

Damit wir auf Papier schreiben können, jeden Tag etliche Zeitungen in den Kiosken liegen und möglichst sanftes Toilettenpapier unser Wohlbefinden erhöht, werden jede Menge Wälder gerodet. Für eine Tonne Hygienepapier (Toilettenpapier, Küchenrolle, Kosmetiktücher, etc.) aus Primärfasern, d.h. aus frischen Zellulosefasern aus Holz, werden laut NABU rund 1.700m2 Waldfläche benötigt. [1] Eine nicht weniger erschreckenden Zahl: 270.000 Bäume werden täglich für die Herstellung von Toilettenpapier abgeholzt. [2] Doch all das muss nicht sein. Mittlerweile gibt es für jedes Papierprodukt, das wir im Alltag verwenden, auch eine umweltfreundlichere Recycling-Alternative.

Recyclingpapier besteht überwiegend aus Sekundärfasern, die aus unserem Altpapier gewonnen werden. Das sind zum Beispiel alte Zeitungen, Zettel oder die leere Toilettenpapierrolle. Weil sich die Qualität des Recyclingpapiers mit jedem Recyclingprozess vermindert, müssen auch hier in den meisten Fällen Primärfasern beigemischt werden. Der Anteil der Primärfasern ist im Verhältnis jedoch nur sehr gering.

Im Vergleich zu Frischfaserpapier ist Recyclingpapier ein echter Held in Sachen Umweltschutz und Klimawandel:

  • 79% weniger Wasser
    Für ein Kilo Recyclingpapier werden nur 15 Liter Wasser benötigt. Für die gleiche Menge Frischfaserpapier hingegen ganze 50 Liter. [3]                      
  • 15% weniger CO2
    Für ein Kilo Recyclingpapier werden ca. 10g CO2 verbraucht. [4]
  • 73% weniger Energie
    Für ein Kilo Frischfaserpapier werden 5,5 Kilowattstunden Energie verbraucht. Für Recyclingpapier nur 2 Kilowattstunden. [5]
  • 99% weniger Holz
    Für die Produktion von Recyclingpapier werden keine Zellulosefasern aus Holz benötigt. Um die Qualität des Recyclingpapiers auf Dauer zu erhalten, wird i.d.R. ein geringer Anteil an Zellulosefasern beigemischt. [6]

Noch mehr Infos zum Thema Altpapier gibt’s auf unserer Themenseite „Altpapier in Zahlen“ https://wir-lieben-recycling.de/recycling-in-zahlen/altpapier/

Der Weg des Altpapiers von der Tonne in die Papierfabrik

Sortierung des Altpapiers nach Qualität

Das Altpapier aus unseren Altpapiertonnen wird von den zuständigen Entsorgungsbetrieben eingesammelt und zur Sortieranlage gebracht. In der Sortieranlage gibt es verschiedene Bänder, die über mehrere Meter das Altpapier entlang ihrer Qualitätsstufe sortieren. In der Papierfabrik wird nur das beste Altpapier verwendet. Als erstes wird die braune Pappe aussortiert. Aus ihr kann kein neues Papier hergestellt werden, aber neue Pappkartons. Mit Hilfe eines Infrarotsichters werden farbig bedruckte Papiere aussortiert.

Der Nahinfrarotsichter in der Sortieranlage

Nach mehr als 60 Meter bleibt am Ende der Sortierstraße nur noch das „gute“ Papier übrig. Genau das wird in der Papierfabrik zur Produktion von Recyclingpapier genutzt.

Aufbereitung des Altpapiers

Gut vorsortiert und von ersten Störstoffen befreit, landet das Altpapier in Form zusammengepresster Ballen in der Papierfabrik. Hier geht’s los  mit der Aufbereitung. Zusammen mit Wasser, Peroxid, Lauge und Seife wird das Altpapier zu einem grauen Brei aufgelöst. Das passiert in der Auflösetrommel.

Wie in einem großen Mixer wird das Altpapier mit den eben genannten „Zutaten“ vermengt. Anschließend werden alle verbleibenden Störstoffe, wie zum Beispiel Heft-Klammern aus Zeitschriften, entfernt.

Die Auflöse- und Sortiertrommel in der Papierfabrik

Im nächsten Schritt der Papieraufbereitung wird die Druckerfarbe entfernt. Der Experte nennt diesen Prozess den Deinking-Prozess. Das passiert in sogenannten Flotationszellen. Mit Hilfe von Lauge quellen die Papierfasern auf, wodurch sich die Druckfarbpartikel leicht von der Faser lösen lassen. Seife spült diese Farbpartikel von den Fasern ab. Das funktioniert wie in einer Waschmaschine. Durch zugeführte Luft entstehen Seifenblasen. An diesen Seifenblasen bleiben die Farbpartikel hängen. Sie steigen an die Oberfläche und werden abgesaugt. Dieser Ablauf wird so lange wiederholt, bis der der graue Brei aus Fasern eine helle Farbe annimmt. Der helle Faserbrei bietet den Grundstoff für neues Papier.

Die Flotationszellen in der Papierfabrik

Herstellung von Recyclingpapier in der Papiermaschine

Die Papiermaschine ist das Herzstück der Papierfabrik. Hier wird aus dem zuvor gewonnenen Faserbrei weißes Recyclingpapier hergestellt. Bei der Firma Steinbeis in Glückstadt handelt es sich um ein mehr als hundert Meter langes Gebäude in dem die Papiermaschine verbaut ist. Der Faserbrei wird auf einer Strecke von 100 Metern gepresst, getrocknet, erhält eine Oberflächenleimung und wird schließlich zu riesigen Rollen aufgewickelt.

Die Papiermaschine in der Papierfabrik

Pressen und Trocknen

Zunächst läuft der Faserbrei über ein Sieb. Hier hat der Papierstoff noch etwa 99 Prozent Wasseranteil.  In einer Presse drücken zwei Walzen mit Filz das Gemisch zusammen. So wird das Wasser abgesaugt und der Brei enthält nur noch 50 Prozent Wasser.

Nach der Reduktion des Wasseranteils kann das Papier getrocknet werden. Dazu durchläuft das Papier beheizte Zylinder. Der Wasseranteil liegt am Ende nur noch bei 5 Prozent.

Oberflächenleimung, Aufwicklung und Weiterverarbeitung

Damit das Papier später bedruckt und beschrieben werden kann, braucht es eine Oberflächenleimung. Das frische Papier wird im Anschluss von zwei Walzen glattgebügelt. Das funktioniert wie bei einem Bügelbrett.

Am Ende wird das Recyclingpapier zu riesigen Rollen aufgewickelt. Die Rollen wiegen etwa 30 Tonnen und sind etwa 5 Meter breit. Mit Hilfe eines Rollenschneiders wird die riesige Papierrolle zu kleineren Papierrollen. Fertig ist das Recyclingpapier aus unserem Altpapier!

In der Firma Steinbeis Papier wird aus den riesigen Rollen Recyclingpapier Druckerpapier hergestellt. Dazu wird das Papier in einer großen Maschine zugeschnitten, gestapelt und verpackt.

Unser Fazit:

Recyclingpapier ist ein Paradebeispiel für die Kreislaufwirtschaft. Aus altem Papier wird neues Recyclingpapier. So kann Wasser, Energie und CO2 eingespart und die Überrodung der Wälder verhindert werden.

Wir haben es selbst in der Hand. Greife doch das nächste Mal lieber zum Recyclingpapier statt dem weißen Druckerpapier, Toilettenpapier oder der Küchenrolle. Am besten für die Umwelt ist natürlich, wie in allen Bereichen, den Konsum zu reduzieren. Der Müll, der anfällt, sollte in jedem Fall in der richtigen Tonne landen, damit der Kreislauf losgehen kann.

Denn: Aus Altpapier kann jede Menge Neues entstehen, wenn es in der richtigen Tonne landet. Dein Altpapier verdient eine zweite Chance! #Trennen rockt!

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