Haare für den Umweltschutz

Schon gewusst, dass deine Haare mehr zu bieten haben, als deine Kopfhaut zu schützen? Richtig gehört: Unsere Haare können sogar einen Beitrag leisten, die Umwelt zu schützen! Wie das funktioniert und wie viel Recycling-Potential in unseren Haaren steckt, erfährst du in diesem Beitrag.

Unsere Haare wachsen seitdem wir auf die Welt kommen. Bei manchen mehr, bei anderen weniger. Unser Haar ist damit ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff. Diesen wertvollen Rohstoff lassen wir uns regelmäßig beim Friseur trimmen. So sammeln sich jährlich in den Friseursalons in Deutschland etliche Mengen an abgeschnittenen Haaren an. Der Gründer des französischen Verbandes „Coiffeure Justes“ (Die fairen Friseure) hatte 2015 eine geniale Idee: Warum aus den Haarabfällen nicht etwas Neues machen? Etwas, das gegen die Verschmutzung der Meere helfen könnte.

Haarteppich gegen Ölteppich

Haare eignen sich durch ihre strukturellen Eigenschaften hervorragend als natürlicher Schadstofffilter. Wie funktioniert das? Haare binden Fette. In der Fachsprache wird diese Eigenschaft als „lipophil“ bezeichnet. Um sich diese Eigenschaft unserer Haare zunutze zu machen, werden aus den einzelnen Haaren große Teppiche oder Schläuche hergestellt. Wie ein Schwamm oder ein Filter ist es dem Haar nun möglich, Fette aufzusaugen. Die Haarfilter werden mittlerweile weltweit in verschiedenen Gewässern eingesetzt, um Öle, Treibstoffreste oder Sonnencreme aus dem Wasser zu filtern. Das Besondere: Ein Haarfilter kann zwischen acht und zehnmal ausgewaschen und wiederverwendet werden [1, 4].

Vorreiter Frankreich

Die wundervolle Idee Haare gegen die Verschmutzung der Meere einzusetzen, stammt aus Frankreich. Der Gründer des Verbandes „Coiffeure Justes“, M. Thierry Gras, wollte abgeschnittene Haare als Filter verwenden, um damit von Öl verschmutze Gewässer zu reinigen. Er sammelte abgeschnittene Haare aus seinem eigenen Friseursalon und füllt diese in alte Kompressionsstrümpfe. Die Idee funktionierte, die Initiative wuchs, immer mehr Friseursalons aus verschiedenen Ländern spendeten ihre Haar-Abfälle für den Umweltschutz.

Seit wenigen Jahren gibt es auch in Deutschland Initiativen, die sich für das Haarrecycling einsetzen. Zwei bekannte Beispiele sind FettFressHair (https://www.fettfresshair.de/) und HAIR HELP the Oceans (https://www.hair-help-the-oceans.com/). Auch sie sammeln Haare von Friseursalons und fertigen daraus Haarfilter für den Umweltschutz.

Die Organisation HAIR HELP the Oceans forscht darüber hinaus in Zusammenarbeit mit der Uni Magdeburg an der Beschaffenheit der Haare. Unteranderem wird untersucht, ob Haarfilter auch Mikroplastik aus den Meeren und Gewässern filtern können. Bisherige Ergebnisse seien positiv [4].

Die Effektivität der Haarfilter

Rund 80.000 Friseursalons in Deutschland produzieren etwa 40.000 Kubikmeter [3] Haarabfälle pro Jahr. Das entspricht in etwa einer Masse von 370.500 Kg Haar. 1 Kg Haar kann bis zu 8kg Öl aus dem Wasser filtern [1, 2]. 8kg Öl entsprechen 9,2 Litern (geht man von Motoröl aus). Würden jährlich alle Haar-Abfälle aller Friseursalons in Deutschland für die Gewässerreinigung genutzt werden, so würden 3,4 Millionen Liter Öl aus den Gewässern gezogen werden können.

Weil die Effektivität der Haarfilter so überzeugend ist, finden sie verschiedene Einsatzgebiete:

• Im Hafenbecken können die Haarfilter-Schläuche dafür sorgen, dass kein Kraftstoff von Bootstankstellen oder den Booten selbst ins offenene Gewässer gelangt.
• In der Bilge oder im Mottorraum von Booten können Haarfilter das Problem am Schopf packen und den direkten Austritt von Öl oder Kraftstoff ins Wasser verhindern.
• Als Filtermatte im Gulli können die Haare das Abwasser vorfiltern.
• Haarfilter-Schläuche als Begrenzung der Badezonen am Strand verhindern, dass Sonnencreme ins Meer gelangt.
• Als Einsatz-Mittel in Krisensituationen durch Öllecks großer Schiffe können Haarschläuche eine Menge Öl absorbieren und das Wasser reinigen.

Echte Haar-Power!  

Abgeschnittene Haare sind wertvoll. Sie können an Organisationen gespendet werden, die sich um das Haarrecycling zugunsten der Gewässerreinigung kümmern. Weil nicht alle Haare für die Herstellung von Perücken geeignet sind, ist die Weiternutzung als Haarfilter, Dünger oder Gebäudeisolierung effektiver und dazu noch ökologisch.

Frag doch mal deinen Friseur, was mit deinen abgeschnittenen Haaren wird. Vielleicht ist auch dein Friseur schon einer Initiative zur Gewässerreinigung angeschlossen.