Zigarettenkippen liegen auf dem Boden zwischen Gräsern und Steinen.

Zigarettenkippen gehören in den Restmüll und sonst nirgendwohin!

17. Juli 2023 | Lesedauer 6 Minuten

Dieser Appell richtet sich an alle Raucher*innen: Die richtige Entsorgung von „Zigarettenstummeln“ ist ganz einfach. Sie gehören in die Restmülltonne. Was viele nicht wissen: Jährlich landen etwa allein in Deutschland fast 70 Milliarden der Klimmstängel in der Natur. Unser Beitrag beschreibt, welchen Schaden „Kippen“ anrichten können – und gibt Lösungsansätze gegen das „Weg-Schnipsen“ der Zigarettenstummel auf.

Für unterwegs ist ein Taschenaschenbecher eine gute Möglichkeit, den heißen und glühenden Abfall problemlos bis zur nächsten Restmülltonne zu transportieren. Leider ist der sogenannte Taschenaschenbecher anscheinend nicht weit verbreitet.

Die kleinen Zigarettenabfälle sind leider fast überall auf dem Boden zu finden. „Kippen“ sind weltweit sogar das am häufigsten in die Natur geworfene Abfallprodukt. Laut WHO werden weltweit jährlich 5,6 Billionen Zigaretten geraucht, davon landen ganze 3,6 Billionen Filter am Ende in der Umwelt. Allein an der Ostsee bestehen über 53 Prozent des Mülls bei Müllsammelaktionen aus Zigarettenstummeln.

Fünf Gründe dafür, dass Glimmstängelreste in den Restmüll gehören:

#1 Zigaretten sind voller Giftstoffe

Im Zigarettenfilter bleiben viele Schadstoffe und Partikel hängen. Liegen die Stummel auf der Straße, auf der Wiese oder am Strand, werden die Giftstoffe mit dem nächsten Regen ausgewaschen und landen in der Umwelt.

Zigarettenstummel enthalten etwa 7.000 verschiedene Substanzen wie beispielsweise Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd, Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Zahlreiche PAK sind krebserregend. Und last but not least: Nikotin. Es ist laut Gefahrenstoffrecht mit langfristiger Wirkung auch giftig für Wasserorganismen. Der WHO-Direktor für Gesundheitsförderung, Rüdiger Krech, sagte, dass jeder der geschätzten 3,6 Billionen Zigarettenstummel, die jedes Jahr in Ozeanen, Flüssen, Gehwegen und Stränden landen, hundert Liter Wasser verschmutzen können.

Eine Studie der TU Berlin besagt, dass 50 Prozent des in Zigarettenfiltern enthaltenen Nikotins bereits in weniger als 30 Minuten herausgelöst werden kann. Nur ein Regenschauer soll genügen. Das Gefahrenpotenzial von Zigaretten in der Umwelt zeigen Labortests von US-Forschern mit Regenbogen-Forellen: Binnen Sekunden zeigten diese Lähmungserscheinungen und bekamen einen Nervenschock, wenn sie sich in einem Liter Wasser befanden, in dem ein „Glimmstängel“ schwamm.

#2 – Zigaretten-Filter sind eine Mikroplastik-quelle

Die meisten Zigarettenfilter bestehen aus Celluloseacetat. Dabei handelt es sich um einen Kunststoff, der je nach äußerem Umfeld bis zu 15 Jahre überdauert bis er sich zersetzt. Im Salzwasser wird der Zersetzungsprozess verlangsamt. „Das soll bis zu mehreren Hundert Jahren dauern“, schätzt Dr. Ilka Peeken vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) den Zersetzungsprozess ein. Sogar im Packeis der Arktis haben Forscher*innen des Polar- und Meeresforschungsinstituts kleine Celluloseacetat-Partikel gefunden. Die Partikel des Celluloseacetats gelten als Indikator für Zigarettenkippen. Teilweise fanden die Forscher*innen mehr als 12.000 Mikroplastikteilchen pro Liter Meereis – darunter auch Celluloseacetat-Partikel.

#3 – Zigaretten(stummel) werden mit Nahrung verwechselt

Nicht nur die enthaltenen Gifte können töten, auch die Reste der Zigarette selbst: Viele Tiere fressen sie, da sie sie mit Nahrung verwechseln. Das kann zu Verstopfungen im Verdauungsapparat und letztendlich zum Verhungern mit gefülltem Magen führen. Zudem nehmen die Tiere so auch Gifte auf, die in ihren Körpern eingelagert werden und schlussendlich in die Nahrungskette gelangen.
“Meereslebewesen können kleine im Wasser befindliche Partikel jeder Art mit Nahrung verwechseln“, heißt es in der Antwort der Bunderegierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen zu Umweltverschmutzungen durch Zigarettenkippen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Stoffe auch in unsere Nahrungskette gelangen. Auswirkungen auf das Trinkwasser sind bislang nicht bekannt. Sie gelten aus toxikologischer Sicht wegen der Verdünnungseffekte als nicht relevant.

#4 – Zigaretten sind Brandgefährlich

Weggeworfene Zigarettenstummel sorgen für weitere Probleme und können viel Zerstörung anrichten. Vor allem, wenn sie im glimmenden Zustand bei Trockenheit achtlos in die Natur geworfen werden. Nur etwa fünf Prozent aller Waldbrände sind auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Der häufigste Grund für Waldbrände ist menschliche Unachtsamkeit, und leider überwiegend durch weggeworfene Zigarettenkippen.

#5 – zigaretten sind eine Gefahr für Kinder

Zigarettenkippen stecken im Sand auf einem Spielplatz.

Nikotin ist – nach Medikamenten – die zweithäufigste Ursache für Vergiftungen bei kleinen Kindern. Jedes Jahr werden mehr als 9.000 Kinder behandelt, die Zigarettenkippen verschluckt oder auf ihnen herumgekaut haben. Besonders hoch ist die Gefahr, wenn die Kippen nass sind.  Denn die gelösten Giftstoffe gelangen in diesem Zustand über die Schleimhäute direkt in den Organismus. Bei Kleinkindern kann eine verschluckte Zigarettenkippe bereits zu Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen. Sandkästen auf Spielplätzen sind leider nicht selten beliebte Aschenbecher.

Kippen gefährden Meer und Umwelt

Infografik: Was du über Zigaretten wissen solltest

Lösungsansätze für das Problem: Von Sanktionen über Aufklärung, Verursacherprinzip bis zum Pfandsystem

Probleme entstehen nur dann, wenn die Zigarettenstummel achtlos in die Natur geworfen werden. In der Theorie ist das eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Doch wo kein Kläger, da kein Richter. So weit, so schlecht. Die Bundesregierung fordert daher eine Verschärfung der Sanktionen beziehungsweise „eine stringentere Durchsetzung der einschlägigen Verbote“. Gleichzeitig wird auf eine bessere Aufklärung der Menschen gesetzt. Jeder soll wissen, was er der Umwelt antut, wenn die Glimmstängel achtlos in die Natur geworfen werden.

Die Europäische Union setzt ebenfalls auf die Sensibilisierung der Menschen. Um die Menge an Zigarettenstummel in der Umwelt zu reduzieren, hat die EU auch die Hersteller im Blick. Sie sollen sich nicht nur an Säuberungen, sondern auch an den Kosten für Sensibilisierungsaktionen beteiligen. Das formuliert die EU-Kommission in einem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt“.

Einen weit radikaleren Vorschlag unterstützt der amerikanische Wissenschaftler Thomas Novotny. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Umweltverschmutzung durch Zigarettenkippen und fordert: Filter verbieten. Seine Argumentation: Wenn Filter verboten wären, würden weniger Menschen rauchen. Das bedeutet in der Konsequenz: Weniger „Kippenmüll“, weniger Plastik in unserer Umwelt und weniger toxische Substanzen, die unsere Böden und Meere vergiften.

Auch die Weltgesundheitsorganisation zieht die Hersteller in die Verantwortung. Sie betont zwar, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Filter im Vergleich zum Rauchen filterloser Zigaretten einen gesundheitlichen Vorteil bieten. Sie fordert aber, dass die Industrie gemäß dem Verursacherprinzip für die Umweltschäden zahlen sollte. Es sei wichtig, dass die Industrie tatsächlich für das Chaos, das sie verursacht, zahlt.

Eine andere Idee ist, ein Pfandsystem für Zigaretten und ihre Verpackungen einzuführen. Etwa vier Euro pro Packung. Die Packungen und die Kippen sollen bei den Verkaufsstellen zurückgegeben werden können und die Kippen sollen anschließend recycelt werden. Dazu läuft gerade eine Petition auf change.org.

Wir sind gespannt, welche Lösungsansätze sich durchsetzen. Fest steht, dass es möglicherweise gesetzliche Regelungen geben muss, um Herr des Problems „Zigaretten in der Umwelt“ zu werden.

Was wir alle jetzt schon tun können

Richtig trennen: Ab in den restmüll!

Gelber Ballot Bin zum Entsorgen von Zigarettenstummeln mit der Umfrage: „Wohin geht’s im Sommer? Städtetrip / Strandurlaub“

Kippen gehören in den Restmüll – und sonst nirgendwohin. Auf diesem Weg werden sie mit anderen Restmüllabfällen in Müllverbrennungsanlagen energetisch verwertet.

Um einen Anreiz zu schaffen, die Zigarettenkippen in öffentliche Abfallbehälter zu werfen, gibt es in einigen Großstädten sogenannte Ballot Bins. Das sind spezielle Müllbehälter für Zigarettenkippen. Diese sind versehen mit einem netten Aufkleber.

Mit dem Wegwerfen der Kippe kann man abstimmen: Bayern München oder Borussia Dortmund in der Fussballwelt? Pizza oder Nudeln? Gebrüder Grimm oder Hans Christian Andersen? Ronaldo oder Messi? Dass die lustigen Aschenbecher Sinn machen, zeigt eine Auswertung aus Großbritannien. Im Umkreis der Ballot Bins konnte die Umweltbelastung um 46 Prozent gesenkt werden.

Der DIY-Aschenbecher für unterwegs

Eine Zigarette wird in einem Taschenaschenbecher zwischengelagert.

Unser Tipp: Nimm dir eine kleine Bonbon- oder Cremedose aus Blech als Taschenaschenbecher mit. Die passt in jede Hosentasche und bewahrt die Kippe(n) sicher bis zum nächsten Mülleimer – oder bis zur heimischen Restmülltonne – auf.

Umwelt-tipp für Raucher*innen

Der BUND empfiehlt zudem, ungebleichte Zigarettenfilter aus Zellulose zu kaufen und legt allen ans Herz, an Müllsammelaktionen teilzunehmen und/oder bei Spaziergängen oder beim Gassigehen etwas Müll und Zigarettenkippen zu sammeln. Sportliche gehen nicht mehr nur Joggen sondern Ploggen.

Und was ist mit E-Zigaretten?

E-Zigaretten – die gehören zum Elektro-Schrott. Überall da, wo sie verkauft werden, kann man sie zurückgeben. Das Ladengeschäft muss allerdings eine gewisse Größe haben. Auf den Recyclinghöfen werden die elektrischen „New-Age-Kippen“ auf jeden Fall angenommen.

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