Es dürfte doch kein Problem sein die Reste der Lasagne vom Vortag in der Toilette zu entsorgen – eine Spülung, aus den Augen, aus dem Sinn. Falsch! Nicht nur Essensreste, sondern auch Katzenstreu, Medikamente, Hygieneartikel oder Feuchtigkeitstücher werden täglich tonnenweise über die Toilette entsorgt und verstopfen unsere Kanalisation.
Deutschland ist Europameister: Wir produzieren den meisten Verpackungsmüll
Insgesamt kommt Deutschland auf satte 19,7 Mio. Tonnen Verpackungen aus Kunststoff, Papier und Glas pro Jahr. Damit bilden wir das Schlusslicht und sind Verpackungsmüll-Europameister [2]. Das bedeutet, dass jeder von uns ganze 237 Kilogramm Verpackungsmüll produziert. Damit liegt Deutschland weit über dem EU-Durchschnitt von knapp 189 Kilogramm pro Kopf.
In den vergangenen 20 Jahren ist der individuelle Berg an Verpackungsmüll pro Kopf leider in jedem Land stetig gewachsen [1]. In Deutschland um satte 26 Prozent. In der EU sind die Verpackungen um knappe 19 Prozent gestiegen. Diese Daten beziehen sich auf das Jahr 2021. [2] Erfasst wurden dabei die Verpackungsabfälle aus Privathaushalten, aus Büros, aus Geschäften und dem Dienstleistungsbereich. Auch wenn die sogenannte „Recyclingquote“ gestiegen ist, haben wir ein Problem mit steigenden Mengen an Verpackungsmüll. Alarmierend ist vor allem, dass die meisten Verpackungen nur einmal genutzt werden und direkt im Müll landen. Ein zusätzliches Problem bilden Verpackungsarten, die sich nur schwer recyceln lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Verpackungsmüllaufkommen in der EU
- Verpackungsabfälle: Pro-Kopf-Verbrauch pro Land, 2021
- Müllflut als Zeichen des gesellschaftlichen Wandels: Der Internethandel als Müllproduzent
- Vermeidung von Verpackungsmüll durch Mehrweg-Alternativen
- Lösung Recycling? Auf die Verpackung kommt es an!
- Europa sagt den Verpackungsabfällen den Kampf an
- Was jeder Einzelne gegen die Verpackungsflut tun kann
Verpackungsmüllaufkommen in der EU
Insgesamt wurden in der EU im Jahr 2021 ganze 84 Mio. Tonnen Verpackungsabfälle erfasst [3]. Deutschland ist damit Verursacher von knapp ¼ der Gesamtmenge der Verpackungsabfälle in der EU. Von diesem Müllaufkommen sind wiederum rund ¼ über die privaten Haushalte und verschiedene Klein-Gewerbe erfasst worden [4]. Der Rest ist vorwiegend auf Industrie und Handel zurückzuführen.
Verpackungsabfälle: Pro-Kopf-Verbrauch pro Land, 2021
https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt-Energie/Verpackungsmuell.html
Zum Vergleich: Der Schnitt in den EU-Ländern lag bei nur 189 Kilogramm Verpackungsabfällen pro Kopf. Dass die Bürger auch in wohlhabenden Ländern mit weniger Verpackungsabfall zurechtkommen, zeigen Länder wie Frankreich, wo pro Kopf (bei 68 Mio. Einwohnern) im Schnitt nur 198 Kilogramm anfielen. Die Niederländer gaben sich sogar mit 172 Kilogramm zufrieden. Nur die Iren können uns im Pro-Kopf-Verbrauch toppen: Der klare Grund dafür ist auch hier die deutlich geringere Einwohnerzahl.
Was genau sind Verpackungen
Das statistische Bundesamt grenzt den Begriff „Verpackungen“ wie folgt ein: „Verpackungen sind aus beliebigen Materialien hergestellte Erzeugnisse zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren, die vom Hersteller an den Vertreiber oder Endverbraucher weitergegeben werden. Dazu zählen Verkaufsverpackungen, Serviceverpackungen, Versandverpackungen, Umverpackungen und Transportverpackungen. Die wichtigsten Verpackungsmaterialien sind Glas, Papier und Pappe, Kunststoffe, Metalle (Aluminium und Stahl) sowie Holz.“ [2] Für den stetigen Zuwachs an Verpackungsmüll gibt es mehrere Gründe.
Müllflut als Zeichen des gesellschaftlichen Wandels: Der Internethandel als Müllproduzent
Die sogenannte „Verpackungsmüll-Flut“ ist nicht nur Folge unserer Gedankenlosigkeit oder ein Zeichen von mangelndem Umweltbewusstsein. Sie ist auch ein Spiegel unserer Gesellschaft bzw. Folge des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels.
Auf der einen Seite gibt es immer mehr „Kleinsthaushalte“. Der demografische Wandel hat zur Folge, dass der Anteil von Ein- bis Zwei-Personen Haushalten durch Singles, Paare ohne Kinder und Senioren steigt. Das wiederum sorgt dafür, dass eine hohe Nachfrage an Verpackungen mit kleineren Füllgrößen besteht, was wiederum die Menge an Verpackungsabfällen in die Höhe treibt.
Auf der anderen Seite boomt der Internethandel. Verbraucher bestellen immer mehr Waren über das Internet. Diese werden immer aufwendiger verpackt und versendet [7].
Vermeidung von Verpackungsmüll durch Mehrweg-Alternativen
Die Reduktion unserer Verpackungsabfälle ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der einfachste Weg, die Menge an Verpackungsabfällen zu reduzieren, ist laut der Richtlinien über Verpackungsabfälle der EU „die Verringerung der Gesamtmenge an Verpackungen“. [5] – Klingt logisch: Werden weniger Verpackungen produziert, verringert sich die Menge an Verpackungsabfällen ganz automatisch. Da gerade Verpackungen für den Handel von Bedeutung sind, um Produkte zum Beispiel nach den gesetzlichen Hygiene-Vorschriften an den Konsumenten verkaufen zu können, kann die Produktion nur bedingt verringert werden.
Im Bereich der „Mehrweg-Systeme“ wurden bereits erste Schritte zur Abfallvermeidung getätigt. Inzwischen gibt es immer mehr „Mehrweg-Produkte“ und Pfandsysteme für Verpackungen. Als Deutschlands größtes Pfandsystem etablierte sich in den letzten Jahren das Unternehmen RECUP bzw. REBOWL. Aber auch einzelne Handelsketten produzieren ihr eigenen Pfand-Systeme, wie zum Beispiel Rewe (https://www.rewe.de/service/mehrwegpfandsystem/).
Lösung Recycling? Auf die Verpackung kommt es an!
Leider ist das Recycling allein keine Lösung gegen die Verpackungsflut. Trotz Sammlung der Verpackungsabfälle in gelben Tonnen oder Säcken, Altglas-Containern und Altpapiertonnen, landen die Verpackungen nicht selten als Müll in der Umwelt. Kreisläufe durch Recycling zu schließen, nimmt zwar immer mehr zu, allerdings bedeutet Recycling der Materialien auch immer Materialverluste und Energieaufwand. Viele der Verpackungen lassen sich gar nicht oder nur schlecht recyceln. Sogenannte Verbundverpackungen beispielsweise machen das Recycling nahezu unmöglich. Die Saft- und Milchtüte ist ein Paradebeispiel für schlechtes Verpackungsmaterial. In den Regalen unserer Supermärkte sind immer mehr Produkte in Verbundstoffen verpackt.
Verbundverpackungen bestehen aus Papier und Kunststoff und lassen sich höchstens teilweise verwerten. Industrie und Handel nutzen diese Verpackungsart als Ersatz für den neuen Umweltfeind Plastik. Das Problem: Diese „Karton-Art“ verursacht noch größere Probleme und stellt eine „Recyclinglüge“ auf. Dem Handel geht es dabei um positives Image und Marketing. Plastik ist böse und soll nicht verwendet werden. Das Ergebnis sind Verpackungen aus Papier und Pappe, die bei Lebensmitteln aber zusätzlich fast immer eine Barriere- und Schutzfolie benötigen. Sobald aber eine Kunststoffbeschichtung dazukommt, wird das Recycling begrenzt. Ein zusätzliches Problem: Oftmals werden die Verpackungen auch falsch entsorgt – weil sie vom Verbraucher optisch und haptisch als Papier oder Pappe wahrgenommen werden.
Fest steht, dass Recycling wichtig und notwendig ist. Dabei kommt es aber stark auf die Verpackung an. Der beste Weg gegen die Verpackungsflut ist nach wie vor die Vermeidung.
Europa sagt den Verpackungsabfällen den Kampf an
Die EU-Parlamentarier in Brüssel wollen sich dem „Müllberg“ nicht kampflos geschlagen geben.
Zum Ende des Jahres 2023 beschloss das Europa-Parlament eine Verordnung zur Reduktion von Verpackungsabfällen. Das Gesetz bezieht sich auf die Mengen an Kunststoffverpackungen aus 2018 und will die Mengen bis 2040 um ein Fünftel verringern. Ab 2030 sollen zudem sämtliche Verpackungen wiederverarbeitungsfähig sein. Plastiktüten an den Obst- und Gemüse-Ständen sollen bis dahin ebenfalls aus den Supermärkten verbannt werden.
Die Verordnung soll den EU-Ländern als Grundlage für das Erreichen des übergeordneten Ziels, weniger Verpackungen zu verbrauchen, dienen. Die neue Verpackungsverordnung soll zudem die Branche auf den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 bringen.
Die Verpackungsabfallverordnung der EU im Kurzüberblick
Das EU-Parlament vereinte in der Verpackungsverordnung verschiedene Ziele, die der Reduktion von Verpackungen und Verpackungsabfällen dienen soll.
Die wichtigsten Ziele im Überblick:
- Bis 2030 sollen alle neu produzierten Verpackungen recycelbar sein. Verpackungen gelten als „recycelfähig“, wenn sie „recyclingorientiert“ gestaltet sind und wenn die Abfallverpackungen getrennt gesammelt, sortiert und in großem Maßstab recycelt werden können“ [6].
- Ab 2035 soll der Verpackungsabfall in allen EU-Ländern getrennt gesammelt, erfasst und sortiert werden können. Dies schafft die Grundlage für erfolgreiches Recycling.
- Bis 2040 soll die Menge an Plastikverpackungsabfällen im Vergleich zum Jahr 2018 um 15% reduziert werden [6].
- Verbot von leichten Plastiktüten (z.B. im Supermarkt)
- Teebeutel und Aufkleber für Obst und Gemüse müssen kompostierbar sein
- Steigerung der Attraktivität vom Mehrweg-System: Gastronomie und Supermärkte müssen ihren Kunden bereits seit Januar 2023 Mehrweg-Alternativen bieten, wenn es sich um Speisen und/oder Getränke zum Mitnehmen handelt. Nun könnte dies dahingehend ausgeweitet werden, dass Kunden erlaubt wird, eigene Mehrweg-Alternativen zum Befüllen mitzubringen.
Was jeder Einzelne gegen die Verpackungsflut tun kann
Je länger Verpackungen verwendet werden, desto besser. Das ist bei Einweg-Verpackungen leider nicht der Fall. Die leere Brötchentüte vom Bäcker wird zum Beispiel nach dem Frühstück meistens achtlos in den Papierkorb geworfen, genauso wie die Plastikverpackung vom leeren Duschgel. Der Unterschied: Die Papiertüte könnte in jedem Fall eine längere Lebensdauer durch die sinnvolle Wiederverwendung beim nächsten Bäckerbesuch bekommen. Noch besser wäre der Verzicht und die Nutzung eines eigenen Stoffbeutels. Für die Wiederverwendung der leeren Shampoo Flasche ist deutlich mehr Kreativität gefragt.
Wir haben eine Reihe kleiner Tipps zur Abfallvermeidung im Alltag zusammengestellt:
1. Achtsam Einkaufen:
- Wiedernachfüllbare Produkte kaufen, z.B.: Seifenspender, Shampoo, Spülmittel, etc.
- Jutebeutel statt Plastiktüte
- Thermo-Becher statt To-Go-Becher
- Wenn möglich verpackungsfreies Obst- und Gemüse kaufen
- Mittagessen vorkochen anstelle von schnellen To-Go-Speisen
- Mehrweg-Hygiene Produkte kaufen (z.B. Wattepads, Putzlappen, Menstruationstasse)
- Lokal einkaufen statt online bestellen
2. Achtsam Verbrauchen:
- Papiertüten, Gefrierbeutel und Backpapier mehr als einmal verwenden
- Bienenwachstücher, o.ä. statt Alufolie verwenden
- Geschenkbeutel nähen, statt Geschenkpapier zu gebrauchen – Das ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern noch dazu persönlicher! Alternativ lässt sich Zeitungspapier verwenden.
Übrigens: Mehr Informationen rund um das Thema Verpackungen findest du im Beitrag „Verpackungsentsorgung auf den Punkt gebracht“.